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GESCHICHTE  

 

100 Jahre Volksbühne St. Johann in Tirol – ein Blick zurück

Das St. Johanner Theaterleben kann auf eine dreihundertjährige Geschichte zurückblicken. Wurden doch schon im 17. Jahrhundert christliche Prozessions- bzw. Passionsspiele aufgeführt. Die Spiele wurden jedoch landesweit schon bald stark eingeschränkt bzw. verboten, da der Aberglaube und der Wunsch nach Abwehr von Naturkatastrophen ausschlaggebend für die Aufführungen waren.

Ende des 18. Jahrhunderts ist noch eine „Theatergesellschaft von St. Johann“ verbrieft, die sich meist mit sakralen oder anderen vorbildhaften Volksspielen beschäftigt haben muss. Nach einer 100jährigen Zeitspanne, in der nichts vom St. Johanner Theaterleben nachzulesen ist, wurde am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert eine Theatergesellschaft vom Schuhmachermeister Anton Feller gegründet, die sich kurz nach dem Ausbruch des 1. Weltkriegs aber wieder auflöste.

Peter Thaler, 1920Peter Thaler’s „Leukentaler Volksbühne“

Die heutige Volksbühne St. Johann ist untrennbar mit dem Namen Peter Thaler (1891 – 1978), Kunst- und Dekorationsmaler, verbunden. Er war damals schon Mitglied bei der Theatergesellschaft von Anton Feller und gründete im Februar 1919 die „Leukentaler Volksbühne“. Peter Thaler war Obmann, Spieler, schrieb und inszenierte Stücke und malte farbenprächtige Bühnenbilder..

In den 1920er und 1930er Jahren wurden die großen Volksschauspiele von Anzengruber bis Schönherr sowie auch Singspiele zum Besten gegeben, da zur Bühne auch ein Streicherensemble aus 8 Musikern gehörte. Stücke wie „Volk in Not“ mit einer großen Kampfszene und „Die Räuber vom Glockenhof“ mit der berühmten Enthauptungsszene und 36 Aufführungen gehörten sicherlich zu den größten Erfolgen der Ära Thaler. Es gab auch zahlreiche Gastspiele in den Bezirken Kitzbühel und Kufstein sowie im benachbarten bayrischen Raum. 1938, nach dem Anschluss von Österreich an das Deutsche Reich, wurden der „Leukentaler Volksbühne“ die Stücke vorgeschrieben, und so kamen in der Zeit nur „politisch harmlose“ und bäuerliche Stücke zur Aufführung. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte das traditionelle Volksschauspiel wiederaufgenommen werden. Stücke mit viel Tanz, Gesang und Situationskomik, da man für das im Gasthof Mauth stationierte Offizierskasino der französischen Besatzung spielte und das Publikum meist nicht Deutsch konnte. Es wurden auch Wohltätigkeitsveranstaltungen für Kriegsopfer und Hilfsbedürftige veranstaltet sowie die Errichtung des Annastegs beim Schwimmbad und die Renovierung der Einsiedelei finanziert. (Bild oben: Peter Thaler, 1920) Mitte der 60er Jahre legte Peter Thaler seine Funktionen als Obmann und Spielleiter zurück. Obmann wurde Hans Hauser und Spielleiter Hans Sammer. Die beiden neuen Funktionäre hatten leider, wie schon oft in der Vergangenheit, die große Aufgabe, einen Spielort zu suchen. Die Gasthöfe Post, Mauth, Bären bis hin zum Bacherwirt waren auch zu Thaler’s Zeiten immer wieder Spielorte. Die Theatersäle der Wirte wurden immer wieder Neuerungen unterzogen und lieber touristisch genutzt, als für die Theateraufführungen. Mitte der 70er Jahre übersiedelte die Volksbühne dann in den Huber Bräu Saal, was die räumlichen Probleme löste, doch Proben waren dort auch nur schlecht möglich. Damals wurden vermehrt Komödien aufgeführt. Es gab viele Gastspiele in benachbarten Gemeinden und sogar in St. Johann‘s Partnerstadt Fuldabrück. Ein Höhepunkt in den 90er Jahren war sicher die Aufführung des Stückes „Die G‘schicht vom Brandner Kaspar“ als Freilichtaufführung im Hof vom Gasthof Post. 75 Jahre Volksbühne St. Johann, wie sich die „Leukentaler Volksbühne“ mittlerweile nannte, feierte man mit der Dialektfassung von Hofmannsthal‘s „Jedermann“ im Saal der Hauptschule mit großem Erfolg.

Die Volksbühne geht neue Wege

Dem allgemeinen Trend der Tiroler Volksbühnen folgend, widmete sich die Volksbühne St. Johann vermehrt ernsteren Stücken und verließ die ausgetrampelten Pfade der seichten Unterhaltung. Die Zeiten der 70er Jahre waren vorbei, als Einheimische und Gäste ausschließlich lustige Bauernschwänke besuchten. Immer weniger ZuschauerInnen und die Suche nach Herausforderungen für die SpielerInnen hat eine Veränderung ermöglicht. Die Volksbühne wendete sich vermehrt Stücken wie „Der Jüngste Tag“ und „Hin und Her“ von Ödön v. Horwath oder „Vorstadt Miniaturen“ von Herbert Rosendorfer zu. Die SpielerInnen waren wieder mit mehr Freude dabei, und es konnte eine breitere Publikumsschicht angesprochen werden.

Nachdem auch der Huber Bräu Saal nicht mehr als Veranstaltungssaal zur Verfügung stand, musste sich die Volksbühne wieder um eine neue Spielstätte bemühen. Es gab auch Änderungen im Ensemble. Wechselnde SpielleiterInnen, allen voran Anneliese Neuner, inszenierten mit großem Idealismus Komödien in verschiedenen Gasthöfen. 2006 zog die Volksbühne in den Kaisersaal ein. Der damalige Vorstand konnte erreichen, dass die Bühne nun ein eigenes Probelokal bekam und somit endlich ein Zuhause im Veranstaltungsaal fand. 2007 übergab der damalige Obmann Hans Hauser die Geschicke des Vereins in die Hände von Günter Hechenberger. Unter seiner 10jährigen Obmannschaft konnte der Verein weiter wachsen und die Mitgliedergemeinschaft gestärkt werden. 2018 übernahm der nunmehrigen Obmann Christian Bergmann. 

100 Jahre Volksbühne St. Johann in Tirol – Heute

Die Volksbühne St. Johann hat heute im Jahr 2019 etwa 50 Mitglieder. Neben den SpielerInnen arbeiten die Mitglieder bei der Maske, der Technik, den Kostümen, in der Bar, beim Empfang, bei den Reservierungen sowie bei der Vermarktung der Stücke mit. Mit viel Freude und Idealismus sind alle dabei. Faschingsfeiern, Schitage und Ausflügen sowie auch Theaterseminare gehören ebenso zum Vereinsleben dazu. Auch nimmt die Volksbühne St. Johann vermehrt an St. Johanner Veranstaltungen teil und hat seit zwei Jahren einen Stand beim Jaggas’n Fest sowie der St. Johanner Faschingsgaudi. Jährlich wird eine kostenlose Nachmittagsvorstellung für das Pflege- und Altersheim gegeben.

100 Jahre Volksbühne St. Johann – ein Jubiläum, das den heutigen Vorstand und alle Vereinsmitglieder mit großer Anerkennung in die Vergangenheit und erwartungsvoll in die Zukunft schauen lässt.

2020 musste die Theatersaison wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Die Proben liefen kurz vor der Premiere des Stückes "Theater" von Peter Landstorfer. Eine große Enttäuschung für die Spieler und auch das Stammpublikum. Besonders die Bewohner des Senioren- und Pflegeheims St. Johann freuen sicher immer besonders auf die Abwechslung. Deshalb wurde jeweils ein netter Nachmittag unter dem Motto "Glesn & Gspuit" für die Bewohner veranstaltet. Eine Freude für die Spieler und auch die Bewohner.

Quellen: Peter Fischer: Laienspiel in St. Johann in Tirol, in: St. Johann in Tirol – Natur und Mensch in Geschichte und Gegenwart, St. Johann in Tirol 1990, Band II, S. 714 ff; Festschrift 75 Jahre Volksbühne St. Johann in Tirol, St. Johann in Tirol 1994; Archiv der Volksbühne St. Johann in Tirol;

Bild links: Jedermann 1994, Bild rechts: die Gschicht vom Brandtner Kaspar, 1989

31. Jänner 2019